Der Acker ist hart, die Pfützen sind angefroren, der Wind pfeift dir um die Ohren – und irgendwo in dir meldet sich die Frage: „Macht Fährten im Winter überhaupt Sinn – und ist das noch ein faires Training für meinen Hund?“
Je nach Region sieht Winter nämlich ganz unterschiedlich aus: Bei uns im Norden hast du oft nasse Wiesen, durchgeweichte Äcker und vielleicht etwas Raureif. In anderen Gegenden Deutschlands liegt wochenlang eine geschlossene Schneedecke, auf der sich die Stapfen deiner frisch gelegten Fährte deutlich abzeichnen. Für deinen Hund bedeutet das: völlig andere Bedingungen als sonst – und für dich die Aufgabe, das Training daran anzupassen.
Mal ist der Boden weich und matschig, am nächsten Tag knüppelhart gefroren. Mal bleibt der Schnee locker auf dem Bewuchs liegen, mal bildet sich eine feste Eisplatte auf dem Acker. Dein Hund soll jederzeit konzentriert mit tiefer Nase arbeiten, während es dir schon beim ersten Schritt kalt den Rücken hochzieht.
Trotzdem ist die Fährtenarbeit im Winter keine „Zwangspause“. Im Gegenteil:
Wenn du weißt, was sich im Winter alles auf der Fährte verändert und wie du euer Training und eure weitere Prüfungsvorbereitung anpasst, kannst du diese Jahreszeit gezielt für euch nutzen. Viele Prüfungen liegen im Herbst, Winter oder frühen Frühjahr – ohne Erfahrung auf kaltem, gefrorenem oder verschneitem Boden fehlt deinem Hund ein wichtiger Baustein für seine Sicherheit.
In diesem Beitrag schauen wir uns an, was beim Fährten im Winter grundsätzlich anders ist, ob und wie du im Schnee fährten kannst, wie sich Frost, Böden und Liegezeiten auf die Fährte auswirken und worauf du bei Hund, Ausrüstung und Trainingsplanung achten solltest, damit ihr gut durch die Wintersaison kommt.
Wenn du nicht alles am Stück lesen möchtest, kannst du dir hier das passende Thema auswählen:
Was ist beim Fährten im Winter anders?
Im Grunde bleibt Fährtenarbeit im Winter dieselbe Aufgabe wie im Rest des Jahres – aber Kälte, Frost und Schnee verändern Boden, Geruchsbildung und die Rahmenbedingungen für euch als Team deutlich.
Kann ich im Schnee Fährten?
Kurz gesagt: Ja, du kannst im Schnee fährten – wichtig ist nur, dass du im Blick behältst, wie der Schnee liegt und womit dein Hund tatsächlich arbeitet.
Bei einer dünnen Schneeschicht, die locker auf Wiese oder Stoppelfeld liegt, kannst du gut die ersten Schneefährten trainieren. Der Boden darunter ermöglicht auch jetzt noch die Geruchsbildung, die dein Hund aus eurem bisherigen Training her kennt. Später kannst du dann eure Fährten auch auf geschlossener Schneedecke legen, bei der du den Bewuchs oder Boden kaum noch erreichst.
Dabei solltest du dir bewusst sein, dass sich deine Tritte schon bei einer leichten Schneedecke deutlich sichtbar abzeichnen – genauso wie auf einem sommerlichen Acker, den der Landwirt frisch glatt gezogen hat. Viele Hunde nutzen diese optischen Spuren und arbeiten stärker mit den Augen: Sie „lesen“ die Stapfen, statt sich wie gewohnt auf die Nase zu verlassen. Manchmal hast du auch auf Prüfungen solche optischen Hilfen, aber darauf verlassen kannst du dich nicht. Umso sinnvoller ist es, wenn dein Hund beides kann – mit den Augen und mit der Nase suchen, je nachdem, was die Situation hergibt.
Für die Praxis heißt das:
Nutze Schnee bewusst und mach dir klar, welches Ziel du mit der jeweiligen Fährte verfolgst.
Wenn dein Hund noch unsicher ist, eignet sich eine dünne Schneeschicht auf bewachsenem Boden gut, um erste Erfahrungen zu sammeln.
Bei dicker, geschlossener Schneedecke kannst du zwar arbeiten, solltest aber im Hinterkopf behalten, dass dein Hund sehr viel sehen kann – und deine Trainingsziele so anpassen, dass er die Suche mit der Nase nicht aus den Augen verliert.
Friert meinem Hund beim Fährten im Winter die Nase ein?
Wenn du bei Frost über den Acker läufst, die Finger in den Handschuhen kalt werden und dir der Wind ins Gesicht pfeift, liegt die Frage nahe: „Kann das Fährten zu Erfrierungen an der Nasenschleimhaut meines Hundes führen?“
Die kurze Antwort: Nein.
Die etwas längere: Dein Hund ist mit seiner Nase deutlich härter im Nehmen, als es von außen aussieht.
Auch im normalen Alltag steckt er die Nase im Winter überall hinein: in Mäuselöcher, Grasbüschel, Holzstapel oder Schneeränder am Weg. Oft geht er dabei deutlich tiefer in kalte oder nasse Bereiche, als er es auf der Fährte jemals tun würde – ohne dass seine Nasenschleimhaut Schaden nimmt.
Wichtiger als die Temperatur an sich ist:
- wie lange ihr insgesamt draußen unterwegs seid
- wie viel dein Hund zwischendurch einfach nur herumsteht, zum Beispiel am Auto oder am Rand des Ackers
und - wie gut er generell an Kälte, Wind und unterschiedliche Böden gewöhnt ist
Solange dein Hund körperlich gesund ist, gut im Futter steht und du ihn nicht stundenlang bei Eiseskälte herumsitzen lässt, musst du dir um Erfrierungen an der Nase in der Regel keine Sorgen machen. Kritischer wird es, wenn er sehr wenig Fell hat, gesundheitlich angeschlagen ist oder insgesamt schnell friert – dann lohnt sich ein genauer Blick auf Warm-up, Pausen und die Gesamtdauer eurer Trainingseinheiten. Darauf gehen wir in den späteren Abschnitten noch ausführlicher ein.
Unterschiedliche Böden im Winter sinnvoll nutzen
Wie im Rest des Jahres lohnt es sich auch im Winter, unterschiedliche Böden gezielt zu nutzen. Dein Hund lernt so verschiedene Härtegrade und Geruchsbilder kennen und kann seine Sucharbeit besser an wechselnde Bedingungen anpassen.
Beispielsweise riecht und fühlt sich ein nur oberflächlich angefrorener Acker ganz anders an als ein Boden, in dem schon seit mehreren Wochen Frost steckt. Das hängt damit zusammen, dass du die Oberfläche eines weicheren Bodens deutlich einfacher verletzen und damit die Aktivität der Mikroorganismen besser aktivieren kannst als in einem harten.
Für deine Trainingsplanung kann das zum Beispiel so aussehen:
Oberflächlich angefrorener Acker:
Der Boden gibt noch vergleichsweise gut Geruch ab, die Trittsiegel sind nicht extrem hart. Hier kannst du gut an ruhiger, tiefer Nasenarbeit feilen und deinem Hund Sicherheit auf leicht gefrorenem Untergrund geben.
Tief durchgefrorener Acker:
Der Boden ist hart, kalt und oft unangenehm zu laufen. Der Geruch braucht länger, um sich zu bilden, und dein Hund muss sich deutlich mehr anstrengen. Solche Flächen eignen sich bei unerfahreneren Fährtenhunden eher für kürzere, konzentrierte Einheiten anstatt eines kompletten Tagesprogramms.
Acker unter Schneedecke:
Unter der Schneeschicht kann noch Bewuchs stehen oder der Boden liegt eher kahl. Je nachdem entsteht mehr oder weniger Geruchsarbeit, während dein Hund gleichzeitig die sichtbaren Trittspuren wahrnimmt. Hier lohnt es sich, den Schwierigkeitsgrad bewusst zu steuern und zu schauen, wie viel Hilfe dein Hund über die Augen bekommt.
Wichtig ist nicht, „den perfekten Winterboden“ zu finden, sondern deinem Hund bewusst verschiedene Untergründe zu zeigen – egal ob Acker oder Wiese. Was ich hier am Acker-Beispiel beschrieben habe, lässt sich im Grunde eins zu eins auf Wiesenflächen übertragen. So erlebt dein Hund, dass sich Fährten auch im Winter nicht jeden Tag gleich anfühlen – und lernt, trotzdem konzentriert zu suchen.
Cindy im Schnee, 2008
Wie passe ich Liegezeiten und Längen bei Frost an?
Wenn es kalt wird, verändert sich auch die Geruchsbildung auf deiner Fährte. Die hierfür verantwortlichen, im Boden lebenden Mikroorganismen sind bei niedrigen Temperaturen weniger aktiv und brauchen länger, um den Fährtengeruch zu bilden.
Deshalb spielt im Winter nicht nur der Untergrund, sondern auch die Liegezeit eine deutlich größere Rolle als im Sommer.
Längere Liegezeiten einrechnen
Grundsätzlich gilt im Winter: Lass deine Fährte etwas länger liegen als an warmen Tagen.
Für deine Planung kannst du grob unterscheiden:
Dünner Schnee auf Bewuchs (Wiese, Stoppelfeld mit leichtem Bewuchs):
Hier entwickelt sich der Geruch meist besser als auf blankem, gefrorenem Boden. Du kannst die Liegezeiten etwas großzügiger wählen, eher in Richtung Prüfungsniveau, und dafür die Fährtenlänge moderat variieren. So sammelst du Wintererfahrung, ohne deinen Hund zu überfordern.
Eisige, kahle Flächen:
Auf nacktem, hart gefrorenem Boden dauert es länger, bis sich der typische Fährtengeruch gebildet hat. Wenn du deinem Hund zum ersten Mal eine Fährte auf so einem für ihn ungewohnten Gelände legst, plane sie lieber kürzer und mit überschaubarer Liegezeit, damit die Arbeit nicht frustrierend wird. Solche Untergründe eignen sich gut für kurze Technik-Einheiten – zum Beispiel Winkel oder Gegenstände. Fährtenhunde, die gefrorenen Boden bereits kennen und sicher darauf arbeiten, kannst du nach einer kürzeren „Erinnerungsfährte“ wieder auf ihr normales Suchniveau steigern.
Richtwerte IGP 1–3 (Training)
Leichter Frost/Reif, kein oder dünner Schnee: Liegezeit etwa 10–20 Minuten länger, als du im Sommer legen würdest, Fährtenlänge bei ca. 60–90 % der Prüfungsanforderung, besonders zu Saisonbeginn.
Starker Frost, harter Boden: Liegezeit eher im Bereich Prüfungsniveau oder leicht darüber, aber Fährten eher kürzer und klarer (z.B. ein bis zwei Schenkel weniger, weniger Winkel), um die mentale und körperliche Belastung im Rahmen zu halten.
Richtwerte IFH (Training)
Statt sofort mit der kompletten Liegezeit bei voller Länge zu starten, kannst du dich schrittweise herantasten:
Beginne mit 60–90 Minuten Liegezeit und etwa 60–80 % der vorgegebenen Fährtenlänge. Dann hebst du abwechselnd Liegezeit und Länge an, bis du euch an die volle Prüfungsanforderung herangearbeitet hast. So bleibt die Gesamtbelastung für deinen Hund kontrollierbar, und ihr sammelt trotzdem wertvolle Wintererfahrung auf IFH-Niveau.
Sammlung von Fährtenschildern während einer Prüfung, 2015
Fährte legen im Winter: Aufbau und Schwierigkeitsgrad
Im Winter bleibt der grundsätzliche Aufbau deiner Fährten gleich, aber Boden und Wetter verändern die Anforderungen deutlich. Was du beim Legen deshalb besonders beachten solltest, schauen wir uns jetzt genauer an.
Kann ich die Fährte wie immer legen?
Da antworte ich mit einem entschiedenen „Jein“. Du legst im Winter grundsätzlich genauso sorgfältig wie im Rest des Jahres – aber du passt den Schwierigkeitsgrad an Boden, Wetter und Erfahrung deines Hundes an.
Ein klarer, gleichmäßiger Tritt ist im Winter noch wichtiger als sonst. Wenn du deine Füße kontrolliert aufsetzt, statt über den Acker zu schlurfen, bekommt dein Hund:
- ein gut lesbares Geruchsbild im Trittsiegel
- keine breit getretene „Autobahn“, auf der er nur noch irgendwo in der Spur herumfährt und das unkonzentrierte Stürmen lernt und
- eine Fährte, die er konzentriert mit tiefer Nase abarbeiten kann
Gerade auf Schnee oder sehr weichem Boden siehst du jeden Fehler in deinem Legebild sofort. Unsaubere Tritte, die durch aufgewirbelten Schnee verwischen und zu einem einzigen Geruchsfeld werden, oder unpassend platzierte Gegenstände fallen viel stärker auf als im Sommer und können dazu führen, dass dein Fährtensucher auf vier Pfoten sein bisher gelerntes Suchverhalten verwässert.
Bei der Fährtenlänge und beim Aufbau hilft dir im Winter ein pragmatischer Ansatz:
- Länge und Muster anpassen:
Du musst nicht jede Trainingsfährte „prüfungsreif“ legen. An kalten Tagen reicht oft eine etwas kürzere Fährte mit klarer Linie und gut geplanten Winkeln, damit dein Hund sauber arbeiten kann, ohne sich durchkämpfen zu müssen. - Weniger ist oft mehr:
Lieber eine übersichtlich aufgebaute Fährte, die dein Hund ruhig und konzentriert absucht, als ein Mammutprojekt mit voller Länge, viel Frost, Wind und gefrorenem Boden, bei dem ihr beide nur kämpft. - Gegenstände bewusst einsetzen:
Klar und bewusst gelegt helfen sie deinem Hund, zwischendurch kurz durchzuatmen und anschließend konzentriert weiterzusuchen – auch wenn Kälte und Wind an euch zerren.
Praxistipp: Wenn dein Hund Winterfährten noch nicht kennt
Steigt ihr zum ersten Mal in die Wintersaison ein, musst du nicht direkt alle Schrauben gleichzeitig anziehen. Für Hunde mit wenig Wintererfahrung hat sich bei uns bewährt:
- kürzere Fährten, die vom Aufbau her gut machbar sind
- weniger Winkel und keine extremen „Spezialeffekte“
- Liegezeiten, die eher am unteren Rand deiner Winterplanung liegen
- Gelände, das dein Hund grundsätzlich kennt – nur eben unter anderen Bedingungen (kälter, härter, vielleicht mit Raureif oder Schnee)
So kann er Stück für Stück lernen, dass sich der Boden anders anfühlt, die Geruchsbildung länger braucht und vielleicht Schnee im Spiel ist – ohne dass ihr gleich im ersten Anlauf an der neuen Situation scheitert.
Wenn du merkst, dass dein Hund unter diesen Rahmenbedingungen konzentriert sucht und mit den neuen Umweltbedingungen keine Schwierigkeiten hat, kannst du nach und nach an einer Stellschraube drehen: ein bisschen mehr Länge, eine etwas längere Liegezeit oder mehr Winkel, Bögen oder Überquerungen von verschneiten bzw. zugefrorenen Flächen und Gräben.
Wenn du also Schnee, Frost, Böden, Liegezeiten und den Aufbau deiner Fährten bewusst planst, wird der Winter nicht zur Zwangspause, sondern zu einer wertvollen Trainingsphase.
Im zweiten Teil geht es darum, welches Futter sich im Winter bewährt, was du abseits der Fährte beachten solltest und welche Ausrüstung dir auf Acker, Wiese und im Schnee das Leben leichter macht.




