Camillo beim Fährten - aufgenommen von Merle König

Update: 28.10.2024 – Anpassung an neue Prüfungsordnung

Die Frage „Wie muss ein Böttcher-Geschirr überhaupt sitzen?“ wirft nicht nur bei Neulingen im Fährten- / Gebrauchshundesport immer wieder viele Fragen auf. Auch viele Profis sind sich nicht ganz sicher, wie dieses Geschirr richtig angelegt wird.

Lass uns deshalb mal das Böttcher-Geschirr und und meine Erfahrungen zu seinem optimalen Sitz genauer betrachten:

Was ist überhaupt ein Böttcher-Geschirr?

Auf dem Titelbild (aufgenommen und mir von meiner Freundin Merle König zur Verfügung gestellt) trägt mein Rüde Camillo ein von mir maßgefertigtes Böttcher-Geschirr, das aus zwei Riemen besteht:

  • dem Brustriemen (auch Bruststeg genannt), der an der Kette eingehakt wird und auf dem Brustbein deines Hundes aufliegt
  • dem Bauchriemen , der am Bruststeg fest verbunden ist und einmal von links nach rechts (oder andersherum) um den Brustkorb deines Hundes geschlossen wird.

Beide müssen verstellbar sein, damit das Geschirr in einer Prüfung verwendet werden kann.

An der Stelle, wo Bauch- und Brustriemen zusammentreffen, ist ein lockerer Leinenring eingearbeitet. Dort hakst du die Leine ein und führst sie zwischen den Hinterbeinen deines Fährtenhundes hindurch.

Ein Böttcher Fährtengeschirr kann somit nicht wie ein handelsübliches Geschirr im Alltag verwendet werden. Es wurde speziell für die Fährtenarbeit entwickelt und unterstützt deinen Hund dabei, den Kopf in Richtung Boden zu senken (Geschirre mit einem Leinenring oben auf dem Rücken können dagegen deinen Hund nach oben von der Fährte wegziehen – mehr dazu findest du in meinem Artikel über die erlaubten Leinenführungen). So kann er sich besser auf die auszuarbeitende Fährte konzentrieren und muss sich nicht noch zusätzlich gegen den Zug nach oben stemmen.

Weiter unterstützt dich das Böttcher Suchgeschirr beim Leinen-Handling: Dadurch, dass deine Leine erst zwischen bzw. kurz hinter den Vorderbeinen eingehakt wird, kann dein Hund nur noch mit einem Hinterbein über die Leine steigen und du musst nicht mehr zwei linke bzw. rechte Hundebeine einfädeln – das kann gerade während des Suchens etwas kniffelig sein.
Auch das Verheddern beim Kreiseln wird reduziert, da dein vierbeiniger Sucher das Band nicht mehr vor den Vorderbeinen baumeln hat.

Grundlage zur Verwendung des Böttcher-Geschirrs

Es gibt in der Prüfungsordnung für Gebrauchshundeprüfungen (einschließlich der Fährtenhund-Prüfungen) nur eine sehr allgemeine Beschreibung zum korrekten Sitz des Geschirrs:

Bei Verwendung eines Geschirrs ist darauf zu achten, dass der Rückengurt nicht über die letzte Rippe des Hundes hinausragt.

(Stand: 28.10.2024, Quelle: fci.be Internationale Gebrauchshunde Prüfungsordnung
(FCI-IGP) gültig ab 01.01.2025
)

Bereits in den bis 31.12.2024 gültigen Vorgaben wurde kein Wort darüber verloren, wie eng oder weit das Böttcher-Geschirr mit seinen zwei Riemen geschnürt werden muss bzw. darf. Es wird auch nicht erwähnt, wie dicht es an den Achseln des Fährtenhunds sitzen darf. In Anbetracht des Tierwohls wird aber schnell klar, dass die Geschirrriemen weder einschneiden noch scheuern und deinem Hund keine Schmerzen verursachen dürfen.

Ab dem 01.01.2025 wird dieser Passus sogar noch allgemeiner, damit er alle möglichen Formen der Suchgeschirre abdeckt. Dieser Ansatz ist durchaus sinnvoll, denn zum Beispiel haben Sicherheitsgeschirre oftmals einen weiteren oder einen einzelnen Bauchgurt, der bewusst auf oder gar hinter dem letzten Rippenbogen platziert wird, damit ihre Träger sich nicht so einfach herauswinden können. Somit sind diese Sicherheitsgeschirre genauso von Fährtenprüfungen ausgeschlossen wie ein schlecht sitzendes Böttcher-Fährtengeschirr.

Aber damit ist auch weiterhin der Spielraum, den du für dein Böttcher Fährtengeschirr zur Verfügung hast, doch recht begrenzt. Und dadurch ist es leider auch etwas kniffelig, die richtigen Einstellungen zu finden, aber dabei helfe ich dir nun:

Der Knackpunkt des Böttcher-Geschirrs ist der Brustgurt!

Um zu erkennen, woher überhaupt das Problem mit dem Sitz des Geschirrs kommt, muss ich etwas ausholen.

Auf den obigen Fotos ist es gut zu sehen, wie das Geschirr wandert: Beim Fährtenabgang sitzt es noch direkt hinter den Schulterblättern. Während der Suche rutscht es durch die Bewegung des Hundes, die tiefer sitzende Kette und den Leinenzug nach hinten.
Es zeigt sich: Die Position eines Böttcher-Geschirrs ist nicht fest verankert, wie es bei herkömmlichen Führgeschirren der Fall ist, die den Brustkorb deines Fährtenhundes umschlingen. Sie ist bei diesem Geschirr-Typ von der Kopfhaltung des Hundes abhängig.

Wie weit der Bauchgurt nach hinten rutschen kann, hängt somit von der Länge des Brustgurts und der Positionsveränderung der Halskette ab.
Wenn sich beispielsweise die Kette um 20cm senkt, rutscht der Bauchgurt fast um die gleiche Länge nach hinten.
Sitzt dieser Riemen beispielsweise im Stehen schon mittig auf dem Brustkorb eines Hundes (das bedeutet einen recht langen Brustgurt), landet er beim Suchen schnell hinter dem letzten Rippenbogen (nicht prüfungskonform) und damit in den Weichteilen (gerade für Rüden schmerzhaft).

Beim Einstellen des Geschirrs geht es also darum, die richtige Länge des Bruststegs zu finden, so dass der Bauchgurt im Stehen, Sitzen oder Liegen nicht in den Achseln einschnürt. Gleichzeitig darf der Bruststeg nicht zu lang sein, so dass der Bauchgurt beim Suchen zu weit nach hinten rutscht.

Klingt auf den ersten Blick kompliziert, aber ist es nicht wirklich!

Finde den richtigen Endpunkt für den Bruststeg deines Böttcher-Geschirrs!

Wichtig ist also die Position des Verbindungsrings, an dem Bruststeg und Bauchriemen aufeinander treffen. Dieser liegt im Stehen optimalerweise zwischen oder kurz hinter den Vorderbeinen. Wenn der Hund sitzt oder gar einen recht tiefen Brustkorb hat (z.B. beim Weimaraner oder Dobermann), kann es auch sein, dass dieser Ring auch mal vor den Vorderbeinen sitzt.
Der Bauchgurt verläuft dann beim optimalen Sitz locker hinter den Schulterblättern über den Brustkorb des Hundes und bildet unten am Verbindungsring ein V, ohne in den Achseln einzuschnüren (ich lege immer 1-2 Finger zwischen Achsel und Geschirrriemen).

Zum Einstellen gehest du bitte wie folgt vor:

Stelle als erstes den Brustgurt so ein, dass Verbindungsring beim stehenden Hund zwischen den Vorderbeinen liegt und lege ihm dann das Geschirr an. Hake eine Leine ein und führe sie zwischen den Hinterbeinen durch – wie zum Fährten (es reicht eine 3m-Leine, an der du leicht ziehen kannst, um das Absuchen zu simulieren).

Verteile als Nächstes ein paar Futterbrocken auf den Boden und lasse sie von deinem Hund aufsammeln. Währenddessen ziehst du leicht an der Leine und beobachtest, wie sich das Geschirr verhält. Letztendlich sollte es so sitzen, wie Fizzy es dir auf dem nachfolgenden Bild zeigt:

Fizzy zeigt den richtigen Sitz des Böttcher-Geschirrs
Fizzy von RazzFazz mit einem (trotz strammer Leine) korrekt sitzenden Friesenhund Böttcher-Geschirr

Mein Friesenhund-Tipp: Falls du dich für ein Böttcher Fährtengeschirr mit Zinkdruckguss oder Messing entscheidest, das ich dir für deinen Fährtenhund auf Maß und in deiner Lieblingsfarbe anfertigen darf, helfe ich dir bereits im Vorfeld beim Ausmessen und auch später beim Korrigieren des Sitzes (sofern notwendig).

Zwei fehlerhafte Geschirrpositionen

Im Grunde gibt es beim Böttcher-Geschirr nur zwei Positionen, in den das Geschirr falsch sitzt und so nicht in Prüfungen verwendet werden darf (abgesehen vom Vertauschen der Riemen, was aber schnell auffällt):

Fall A: Bruststeg ist zu lang.

Auf dem Foto links siehst du sehr gut, dass der Bruststeg deutlich zu lang ist. Der Bauchgurt sitzt hinter dem letzten Rippenbogen und der Brustgurt hängt locker durch – da ist noch gewaltig Luft im Geschirr!
Würde jetzt noch Zug auf die Leine kommen, würde der Verbindungsring zwischen den Hinterbeinen sitzen.

In diesem Fall stellest du den Bruststeg kürzer, so dass der Verbindungsring weiter nach vorne kommt. Du kannst das Bild für diesen Fall mal mit dem Titelbild vergleichen – da siehst du, dass der Bruststeg deutlich kürzer geworden ist.
(Hinweis: Bei handelsüblichen Böttchergeschirren kann es durchaus vorkommen, dass die kürzeste Einstellung noch zu lang ist – das ist keine Seltenheit! Hier hilft nur Abschneiden und den Karabiner neu einsetzen.)

Fall B: Der Bauchgurt kippt und hakt sich ggf. im Fell fest.

Camillo mit einem kippenden Böttcher-Geschirr

Auf diesem Bild ist der kippende, zu weit eingestellte Bauchgurt sehr gut zu sehen. Er hat sich während des Suchens etwas im Fell / am Rücken verklemmt und kann somit nicht mehr nach vorne Rutschen, wenn der Hund den Kopf hebt.

Bitte stelle den Bauchgurt in diesem Fall etwas kürzer, damit er nicht kippen kann.
Optimal ist es, wenn er fast direkt hinter den Schulterblättern langläuft und du mit einem Finger zwischen dem Gurt und dem Hundekörper problemlos langfahren kannst.

Falls du dir trotz dieser Erläuterungen nicht sicher bist, ob euer Böttcher-Geschirr richtig sitzt, schicke mir gerne ein Foto oder noch besser ein kleines Video von eurer Suche. Dafür kannst du auch gerne den WhatsApp-Button unten rechts direkt jetzt verwenden. Ich schaue mir dann alles an und helfe dir beim Einstellen, sofern es notwendig sein sollte.
Sofern du Fragen oder Anregungen zu dieser Anleitung haben solltest, kannst du sie mir auch gerne unten in den Kommentaren stellen.

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